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HOTTER FRAGT…TIROE

Hotter fragt…Tiroe.

Malzeit, stell dich mal kurz vor.

Ich bin Tiroe , lebe momentan im schönen Mitteldeutschland und male und beschäftige mich seit ca. 12 Jahren mit Graffiti.

Warum machst du das Ganze?

Das ist eine gute Frage. Ich hab mich in der Grundschule schon unterbewusst mit Graffiti auseinandergesetzt und habe Anarchie Zeichen oder Penise oder sonst was durch die Gegend geschmiert. Das würde ich als Erste aber nicht prägende Berührung bezeichnen. Ich bin in einer Stadt in Südbrandenburg groß geworden, in der die damalige Skaterszene mit der Graffitiszene einher ging und die älteren “ krassen“ Skater Dudes irgendwann anfingen die Miniramps oder sonst was mit ihren Bildern zu bemalen. Irgendwann verstand ich auch, dass es immer die selben Kürzel waren und eine Regelmäßigkeit dahinter zu verstehen war. Was die älteren “ coolen“ Leute machen, will man als kleiner Wanzt ja auch machen und so begann ich mit ersten Skizzen und Taggs. Das zog sich über paar Jahre mehr oder weniger stümperhaft hin, bis sich ein kleiner Graffiti Freundeskreis gebildet hatte und die ersten halbwegs ernstzunehmenden Arbeiten und Crews von und mit mir entstanden. Ja und danach halt das selbsterklärende Programm mit viel Bombings, Legals und allem was dazu gehört. Bis auf Züge vielleicht, die standen bei mir irgendwie noch nie so wirklich im Vordergrund wie es bei anderen der Fall ist/war. Heute ist Graffiti, oder sich allgemein kreativ mit Farbe auszuleben, aus meinem Leben nicht mehr wirklich wegzudenken. Klar es gibt immer Phasen in denen ich mal mehr, mal weniger mache aber ich habe bis jetzt nichts gesehen oder gefunden was mich über einen so langen Zeitraum so fesselt und fasziniert. Heutzutage versuche ich mich für meinen Teil immer ein Stück weit zu befreien und neu zu erfinden und male nur noch was sich für mich gut anfühlt und auch Spaß macht, egal ob es andere feiern oder nicht. FREI SEIN in seinem Machen und Tun sozusagen.

Wenn du auf deine Sturm und Drang Zeit zurückblickst, was hättest du anders gemacht?

Ich glaube so viel hätte ich gar nicht anders gemacht, denn zu diesem Zeitpunkt hat es sich ja gut und richtig angefühlt. Das sind ja alles auch meist Sachen, die sich aus einer Entwicklung ergeben oder einem später klar werden. Streiche zum Beispiel. Ich male einen Großteil meiner Bilder fast nur noch mit Streiche. Damit hätte ich vielleicht schon eher anfangen sollen aber da hätten mir früher sicherlich auch ein Stück weit die Skillz gefehlt. Ist aber eine tolle Sache mit Streiche zu arbeiten. Meist günstiger, wesentlich gesünder und man kann größere Arbeiten einfacher verwirklichen.

Die lustigste Geschichte die dir einfällt?

Da gibt es eine ganze Menge, gerade was nächtliche Arbeiten angeht. Schwer da ein Highlight heraus zu filtern. Aber spontan fällt mir eine Geschichte ein, die mich sehr amüsiert hat. Vor, keine Ahnung 5 oder 6 Jahren, habe ich mit paar Dudes aus meiner Crew regelmäßig Güter gemalt. Wir fuhren immer an den selben Spot der außerhalb an einer verschlafenen klein Stadt lag. Es war wie ein kleines Güteryard nahe einem großen Kohlekraftwerk und um an diesen Spot zu gelangen, musste man sich außerhalb des Lichtes an einem ca. 2 bis 3 Meter langen Kanal vorbei mogeln und auf Höhe der ersten Güter über diesen Kanal springen. Wir sprangen mal mehr, mal weniger gekonnt alle über diesen besagten Kanal und schmissen uns die Beutel mit den Büchsen hinterher. Bis dato alles gut, wir waren 4 oder 5 Mann und es war ein open end Spot an dem man sich wirklich feiern lassen konnte. An diesem besagten Tag jedoch, schlichen nach ca. einer halben Stunde malen, irgendwelche Leute von dem dortigen Sicherheitsunternehmen oder sonst was für Kunden durch die Reihen. Im Nachhinein bin ich mir noch nicht mal sicher, ob die überhaupt Kenntnis von uns genommen hatten aber damals haben wir uns nach ein paar Minuten unter der Karre hocken und gegenseitigen Handzeichen geben, gegenseitig verrückt gemacht und traten den Rückzug an. Erst begann einer mit Rennen, dann der Nächste, bis wir alle über die Gleise bis zu dem Kanal rannten.

Wir schafften es alle mehr oder minder rüber zu springen . Ein meiner Komplizen jedoch, der an diesem Tag seinen ersten Güter malen wollte und auch sonst nicht mehr wirklich viel Malen ging und zu dem Zeitpunkt auch ein paar Kilos mehr auf den Rippen hatte, entschloss sich dafür einfach straight durch den Kanal durch zu rennen. Vielleicht dachte er, dass er den Sprung nicht schafft und somit Zeit verliert, kein Plan. Ich stand also hinter ihm und musste einfach mega laut loslachen, als ich sah wie er sich unbeholfen und halb aufs Maul fliegend, seinen Weg durch das kalte Nass suchte. Als wir alle unser Hindernis überwunden hatten und maskiert an einem Wald entlang über eine Landstraße rannten, feierte ich immer noch übelst, wie mein Dude laut schnaufend, klitschnass und fluchend hinter uns herlief. Als wir an unserem fahrbaren Untersatz ankamen, wollte der Dude dem die Karre gehörte ihn erst gar nicht so einsteigen lassen. Aber er fasste sich dann doch noch ein Herz und wir fuhren zur nächstgelegenen Tanke und aßen eine Bocki und schlürften paar Bierchen, während wir uns über unsere Aktion amüsierten.

Hast du noch Ziele?

Keine Ahnung. Direkt Ziele habe ich denke ich nicht. Vielleicht einfach so lange ich kann und es mich erfüllt malen zu gehen und eine gute Zeit zu haben. Weiterhin das malen zu können, worauf ich Bock hab ohne mich von irgendwelchen Richtlinien oder sonst was unterwerfen zu lassen.

Wie warst du damals im Kunstunterricht?

Soweit ich mich erinnern kann, war ich relativ mittelmäßig. Landschaften zu malen oder ähnliches, fand ich damals schon laim. Also habe ich meist gemalt, worauf ich gerade Bock hatte. Am schlimmsten fand ich diese Obstschale, die denke ich jeder noch kennt. Mit einer Banane, Äpfeln und co.

Was sagst du zur aktuellen Szene?

Im Grunde so fresh wie noch nie zuvor. Graffiti gibt es ja mittlerweile in Tausend verschiedenen Varianten und viele gehen mittlerweile auch kreative neue Wege, fernab des verstaubten 0815-Graffitis . Die Russen, oder besser gesagt alles da in die Richtung, haben ja teilweise ihren eigenen, ganz anderen Style kreiert . Auch illegales Graffiti ist so populär und Mainstream wie noch nie zuvor. Wenn man sich Moses und Taps, Radicals oder 1up ansieht, ist es einfach nur krass wie die Jungs sich durch illegale Arbeiten und viel Herzblut zu einer etablierten Marke heran gearbeitet haben. Welchen Trend ich persönlich ein wenig nervig finde ist Fußball Graffiti. In jedem Scheiß Provinzkaff oder auch Großstädten gruppieren sich ja mittlerweile Hools und malen ihre Vereinskürzel durch die Gegend. Ich meine alles hat ja irgendwo seine Daseinsberechtigung aber mich persönlich nervt es. Klar gibt es auch dort sehr handwerklich begabte Sprüher aber das ist die Ausnahme und der Rest ist meistens ziemlich platt. Was mir sehr gefällt ist, dass die Leute ( die Szene ) langsam offener werden in Bezug auf Graffiti und es nicht mehr so viele Stylenazis gibt, wie noch vor paar Jahren. Es lockert sich für mein Empfinden mittlerweile alles ein wenig und die Menschen die in ihrem Denken ein wenig festgefahren, oder besser gesagt hängen geblieben sind, raffen glaube ich langsam wie lächerlich so eine Einstellung ist. Gerade wenn man ja von sich selbst behauptet etwas kreatives zu machen und sich dann doch selbst im Kopf Grenzen zieht wie Graffiti angeblich auszusehen hat.

Erzähl mal nen Schlag aus deiner Jugend!
Ich war damals das typische, aus dem Block kommende, verkiffte Graffiti Kid. Ich hab die ersten paar Jahre eigentlich zu 90 Prozent nur Nachts gemalt, da ich das was ich eigentlich wieder geben wollte, Dank fehlender Skillz an legalen Flächen nicht wiedergeben konnte. Ich hab mir trotz einer ziemlich stressigen Lehre unter der Woche die Nächte um die Ohren gehauen und musste jede Woche 3 bis 4 mal raus um kein schlechtes Gewissen zu haben, nichts gemalt zu haben. Es war eine prägende Zeit, die mir heute noch hilft, Spots zu beurteilen und gefahren abzuwägen. Durch meinen, und später unseren Output, wurden wir relativ schnell wahr genommen und durch Andere ( heute mit meine engsten Freunde) Sprüher in andere Crews übernommen. Es war eine Zeit, in der ich mit vielen anderen Sprühern auf einer sehr freundschaftlichen Ebene meine Zeit verbracht habe und einfach nur geplättet von deren Bildern war. Die meisten Jungs aus meiner Crew, hatten an die 3 – 5 Jahre Vorsprung und waren teilweise schon an ihrem Feinschliff, was ihre Stilrichtung betraf, während ich noch voll in meiner Findungsphase war in welche Richtung meine Arbeiten eigentlich gehen sollen. Es war nie leicht, da ich damals schon meinen eigenen Sturkopf durchsetzen wollte und malte was die Allgemeinheit vielleicht nicht so ansprach. Aber es war für mich eine sehr prägende Zeit voller Freundschaft, Partys, verrückten Abenden und viel kriminellem Scheiß.

Noch ein paar abschließende Worte?

Immer schön frisch bleiben und nichts malen um andern zu gefallen. Malt worauf ihr Bock habt und was sich gut anfühlt und scheißt drauf, ob es jemand als gut oder schlecht betitelt.

Grüße gehen raus an meine Jungs von EK, F.YOU und TSCS und an meine Jungs aus dem grünen Herzen von Deutschland OSHOK, JUST, LOCKE und SICK .

Besondere Grüße gehen raus an meine Brothers in Crime LIKS und Viktor.

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